Win-Win – falls richtig umgesetzt
Seit Anfang Jahr gibt es im Kanton Zürich die Zusatzleistungen Betreuung für Menschen im AHV-Alter in knappen finanziellen Verhältnissen. Good News – auf den ersten Blick. Wer zu einem erschwinglichen Preis die notwendigen Hilfen erhält, kann länger in seinem gewohnten Daheim bleiben. Damit kann ein möglicher Heimeintritt hinausgeschoben werden. Die Unterstützung pro Fall ist auf 25’000 Franken pro Jahr beschränkt. Damit ist gewährleistet, dass die Kosten nicht überborden. Da es für das Gemeinwesen günstiger ist, Menschen nicht früher als nötig in einem Heim unterzubringen, können die Zusatzleistungen für Betreuung sogar Sozialleistungen einsparen.
Leider gibt es auch einen zweiten Blick. In meinem persönlichen Umfeld fällt mir auf, dass nicht alle Menschen mit Bedarf diese Möglichkeit kennen. Es ist mir ein Anliegen, dass vielleicht gerade durch diese Zeilen, diese wichtige Neuerung im wahrsten Sinn des Wortes «auf die Tribüne» gehoben würde. Wenn Sie Bedarf an diesen Leistungen haben, melden Sie sich bitte bei ihrer Gemeinde. Unter folgendem Link finden Sie das Merkblatt «Finanzielle Unterstützung für Betreuung im Alter» mit allen wichtigen Informationen. KSA ZLV Merkblatt Alter Webversion
Allerdings ist es mit einem höheren Bekanntheitsgrad nicht getan. Grosse bürokratische Hürden könnten für Bedürftige unüberwindbar sein. Die Erfahrung zeigt, dass Menschen in schwierigen Lebensphasen oft als allererstes Mühe mit den administrativen Belangen haben. Wenn für jede bezogene Dienstleistung die Quittung einzeln eingereicht werden muss, dann könnte das schnell einmal zum KO-Kriterium werden.
Was ich an der Umsetzung zudem kritisch sehe, ist, dass die Autonomie und das Selbstbestimmungsrecht beim Angebot von Mahlzeiten unzureichend berücksichtigt werden: Sollen Menschen in knappen finanziellen Verhältnissen tatsächlich darauf verzichten müssen, je nach Lust und Laune auch mal eine Pizza zu bestellen oder das allseits beliebte «Schnipo» bei einem lokalen Restaurant zu bestellen?
Auf nationaler Ebene erlaubt die Spitex, dass Angehörige für die Pflege von Familienmitgliedern angestellt werden. In der neuen kantonalen Verordnung wurde dies jedoch ausgeschlossen: Aus meiner Sicht ein Widerspruch und eine verpasste Chance. Gerade die Möglichkeit für betreuende Angehörige, dank einer Entschädigung für ihre Tätigkeit zugunsten von Angehörigen ihre berufliche Tätigkeit zu reduzieren, wäre ein wertvoller Ansatz. Und: Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels und des demographischen Wandels muss es ermöglicht werden, dass Angehörige für ihre Nächsten zu einem geringen Tarif tätig werden können, um die grosse Betreuungsnachfrage sicherzustellen.
Bei den kritischen Punkten möchte ich die Gemeinden ermutigen, bei der Umsetzung der Verordnung darauf zu achten, dass nicht nur Selbstbestimmung draufsteht, sondern auch drin ist und dass die Zielsetzung «länger zu Hause bleiben zu können», nicht durch bürokratische Hürden erschwert oder gar verhindert wird.